„Achtung, hier kommt ein Karton!“ – Kindercomic „Kiste“

Ein offener Karton, der am Straßenrand steht – nur Dumpfbacken und Coachpotatoes würden ihn für Müll halten. Jeder Normalmensch, besonders ein Kind, sieht sofort tausend Möglichkeiten der Verwendung: Aufbewahrung, Basteln, Umgestaltung zum Puppenhaus, Hineinkriechen …  es könnte auch ein OmNom darin leben! Also, erst mal nach Hause damit, und nicht gleich wieder Messi genannt werden, bitte!

Der Anfang des Kindercomics „Kiste,“ von Patrick Wirbeleit und Uwe Heidschötter, (Reprodukt, März 2013, 72 Seiten, Alter 6+, 12 €) funktioniert genauso: Mattis, der menschliche Held der Geschichte, findet einen Karton, nimmt ihn mit nach Hause, um ihn zum Basteln einer Raumstation zu verwenden. Der Karton aber spricht und nennt sich selbstbewußt „Kiste“. Kiste und Mattis basteln zusammen und könnten nun friedlich vor sich hin leben – aber dann gäbe es keine Geschichten von hohem Erzählwert, und darauf warten wir ja alle. Also muß eine „Was-passiert-dann-Maschine“ gebaut werden, so heißt ein Kapitel des Comics, das das Ganze so richtig in Fluß bringt. Mattis´ Eltern erstarren, als sie Kiste sehen, und um sie zu retten muß ein richtiges Abenteuer im dunklen Wald, mit Zauberer und Schlangen und all sowas erlebt werden. Mit der Option zur Fortsetzung – der (übrigens sehr freundliche) Zauberer schenkt Mattis einen Schlüssel, der ihn zu Kiste zurückbringen kann – endet die Handlung aber noch nicht. Erst werden die Eltern noch davon überzeugt, dass nichts, aber auch gar nichts geschehen ist, was eine Tasse Kaffee nicht wieder gut machen könnte.

Von der ersten Seite an gefielen mir die sehr klaren Bilder, der lebensnahe Schwung und die sehr harmonische Art, das Geschehen zu visualisieren. Mattis erscheint, insbesondere durch die von Heidschötter virtuos gezeichnete Mimik, als ob er aus den Seiten springen und als ein lebendiges Kind seine Geschichte selbst erzählen wollte. Kiste, der vom Zauberer unterschätzte und lange zu wenig beachtete Karton, ist naiv und liebenswert, entzückend gezeichnet und einfach ein guter Charakter, den man wiedersehen möchte! Beide vermitteln in einfachen Worten und Gesten ihre Ängste, Ideen, Hoffnungen, ihr persönliches Wissen oder auch nur Vermutungen über die Welt sehr nachvollziehbar, wozu das lettering per Hand, klar und (danke!) lesbar ein Gefühl von Authentizität unterstützt. 

Den Beginn der Geschichte könnt Ihr auf der Seite des Reproduktverlages lesen http://www.reprodukt.com/product_info.php?products_id=472 – wenn das keine Lust auf mehr macht, weiß ich auch nicht. „Kiste“ ist erschienen als einer von sechs Comics für Kinder, die als neue Reihe bei Reprodukt erschienen sind – darüber habe ich schon in meinem Blogbeitrag über „Hilda und der Mitternachtsriese“ berichtet. Ich werde diese Bände nun auf Anregung von @quitzi hin in loser Folge hier besprechen und bin gespannt, ob ich hinterher weiß, was ein Kindercomic ist. Ich werde berichten!

Übrigens: Auf Patrick Wirbeleits Blog „Scherenschnitte“ kann man nachlesen, wie es zu „Kiste“ kam, eine nette Geschichte für sich http://scherenschnitter.blogspot.com/ !

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert