#MeinliebstesGoethezitat

Natürlich sage ich hier nicht, wer das war und wo… JEMAND erzählte mir, sie habe nun Goethes „Faust“ gelesen, weil sie glaubte, man müsse das mal tun. Das allein für mich schon zweifach interessant: 1. Ich bin jemand, dem man das dann erzählt und 2. „man“ glaubt, den Faust lesen zu müssen.
Nun also JEMAND: „Ich habe den Faust gelesen, na ja, da stehen so viele Zitate drin, wo hatte er die alle her?“ Derlei triggert in mir vermutlich eine tiefsitzende Neurose, denn ich pruste nicht los vor Lachen oder reagiere nicht sonst irgendwie locker, ich versteinere und bemerke deutlich dieses „jetzt nur nix falsches Sagen“ -Gefühl in allen Knochen, Faszien und Hautzellen. Äh… um ja nicht verletzend zu sein murmle ich etwas vom kollektiven Unbewussten, in das „Faust“ längst eingegangen ist, und mache alles nur noch schlimmer, empfehle dann (und auch jetzt und hier) das Theater Kuckucksheim in Heppstädt, wo 2 Mann und ein Cello gelegentlich Faust I und II in eineinhalb Stunden genial und erheiternd auf die Bühne bringen, das muss man gesehen haben!

Zitate können Rettungsanker sein, Augenblicksurlaub, Horizonterweiterungen, den Kairos markieren im Strudel des Alltags, beglücken, verstören und sonstwie die Zeit und den Raum perforieren. Derlei finde ich überwiegend positiv. Zitate, es mögen die von Goethe sein oder gar Bibelsprüche, Aussagen der Mutter eines Freundes, die in unserem Bekanntenkreis geflügelte Worte sind oder auch nur dessen eigener Generalabwehrspruch, Antwort auf alles und jeden: „‚Es ist mir noch zu früh‘ sagte C.“ und schon wissen Eingeweihte, was gemeint ist, Es gibt natürlich hochwissenschaftliche Abhandlungen über Zitatgebrauch usw., das will ich hier nicht ausbreiten, denn ich genüge hier nur meiner morgentlichen Plauderlust. Jedoch möchte ich den #LiteraturwissenschaftimInternet-Leuten unbedingt die Centonen ans Herz legen, Textgebilde aus Zitaten, welche aneinandergereiht werden, um sich die Macht dieser Worte und Aussagen anzueignen (räusper… wie ich in meiner Dissertation anhand von Aurelius Augustinus „Bekenntnissen“ zeigen konnte).

Zitate, erkennbar modifizierte gar, können in aller Unschuld und ohne den Machtanspruch des Zitierenden ein Glück sein, auch, wenn man sie vielleicht gar nicht mehr wörtlich, sondern sogar nur ungefähr erinnert, macht ja nix, sie evozieren trotzdem eine einstmals beim Lesen oder Hören entstandene Bedeutung, nur wenn man sie aufschreibt oder weitergibt, sollte man sie vielleicht überprüfen. Zitate sind für mich auch manchmal in eine Art vor- oder nebensprachlichen Bereich eingetreten, und dies ist es, was mich interessiert: Geht es auch anderen so? Bisweilen habe ich eine rechteckige oder auch dreidimensionale Raumvorstellung, etwas das auftaucht und das in die Situation passende Zitat enthält bzw. meine Erinnerung daran… manchmal fällt der Wortlaut mir dann auch wieder ein. Primär jedoch ist es das Bewusstsein, dass es auf das aktuelle Geschehen ein zutreffendes, irgendwie in mir resilienzförderndes Zitat gibt, das ich einmal gut fand… und das gewissermaßen als Atempause auftaucht und mir Distanz verschafft, mit mehr oder weniger vielen Wörtern und manchmal sogar ganz und gar zitierbar…

Ein Ranking von lieben oder liebsten Zitaten habe ich nicht, merke auch, dass ich die am meisten lieben nicht unbedingt mitteilen möchte. Jedenfalls fand ich die #MeinliebstesGoethezitat“ – Aktion von @goethe_jw grossartig und musste dies hier noch loswerden…

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